Getty Images und das Urheberrecht

Der Austausch von Bildern ist durch das Internet einfacher geworden, das hoch- und herunterladen stellt auch für ungeübte Nutzer kein Problem dar. Bilder sind überall zu finden und nur selten mit einem Urhebervermerk versehen. Wünscht sich der Nutzer Rechtssicherheit bei der Verwendung wendet er sich an eine Bildagentur. Sie haben es sich zum Ziel gemacht den Künstlern eine Möglichkeit zu bieten ihre Bilder zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig ihre Rechte zu wahren. Die Weltweit grösste Online Bildagentur ist Getty Images.

1995 von Mark Getty und Jonathan Klein gegründet, hatte Getty Images das Ziel „einen zersplitterten Stockfotografie-Markt ins digitale Zeitalter zu führen“. Heute verfügt es über ein Archiv von über 80 Millionen Bildern und Illustrationen. Die Bilder von Getty Images können auf drei verschiedene Arten geschützt sein; Lizenzpflichtig, Lizenzfrei oder Redaktionell. Lizenzpflichtige Produkte werden mit Verwendungsbeschränkungen verkauft zum Beispiel Limitierung der Grösse, Platzierung oder der Verwendungsdauer und der geografische Verteilung. Der Besteller muss immer Informationen über den vorgesehenen Verwendungszweck bereithalten. Lizenzfreie Produkte dürfen mehrfach und für mehrere Projekte verwendet werden, das Honorar richtet sich nach der Dateigrösse. Bilder mit einer Redaktionellen Lizenz werden wie lizenzpflichtige Produkte mit Verwendungsbeschränkungen verkauft, zusätzlich müssen sie in einem „redaktionellen“ Rahmen publiziert werden. Das heisst im Zusammenhang mit Ereignissen die von öffentlichem Interesse sind. Seit März 2014 dürfen 35 Millionen Bilder aus dem Getty Images Archiv kostenlos auf Websites und Blogs einbettet werden werden. Voraussetzung dafür ist ein nichtkommerzielle Nutzung, und einer Erwähnung des Fotografen und den Link zur Getty Image Hompage.

Getty Images geht streng gegen Lizenzverletzungen vor, die Bilddatenbank durchsucht strukturiert das Internet nach Webseitenbetreibern, die ohne Erlaubnis ihre Fotos verwenden. Bis zu 2100 Fr für nachträgliche Gebühren verlangt das Unternehmen bei Lizenzverletzungen. Der Betrag berechnet sich aus dem Einnahmeausfall, dem administrativen Aufwand und einem Aufschlag für die illegale Nutzung.

Doch Getty Images steht nicht nur auf der Klägerseite. Gemeinsam mit der französischen Presseagentur AFP verstiess das Unternehmen gegen das amerikanische Urheberrecht. Der Fotograf Daniel Morel veröffentlichte 2010 nach dem Erdbeben auf Haiti Bilder auf Twitter. Getty Images stellte sie in ihrer Datenbank zur Verfügung und soll sie 820mal verkauft haben, ohne dass der Fotograf etwas dafür bekam. Mehrere Millionen Dollar Entschädigung muss das Unternehmen dem Fotografen zahlen, ein Urteil, das die Rechte der Urheber stärkt.

DRM – Digital Rights oder Digital Restriction?

Die Einhaltung der Urheberrechte ist in unserer digitalisierten Welt zu einer grossen Herausforderung geworden. Urheber und Produzenten sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten ihre Rechte durchzusetzen um eine gerechte Entlohnung für ihre Arbeit zu erhalten.

Ein solcher Lösungsansatz sind die Digital Rights Management Systeme, sie bieten einen elektronische Möglichkeit den Zugriff auf Inhalte zu reglementieren. Es soll helfen die Nutzung der Daten nur im gesetzlichen Rahmen zu ermöglichen, in dem der Nutzer nicht mehr die Daten selbst ersteht sondern nur die Nutzungsrechte. DRM eignet sich vor allem für digitale vorliegende Inhalte, wie Bilder, Musik, Software und Bücher.

Die Kritik an DRM-Systemen ist gross. So lassen sich legal gekaufte, DRM geschützte Titel nicht auf allen Endgeräten abspielen nur auf solchen, die das jeweilige DRM auch unterstützen. Dies führt zu einer Einschränkung des freien Marktes, es zwingt den Verbraucher sich an ein Anbieter zu binden. DRM-Systeme schränken die Ausnahmeregelungen des Urheberrechts ein, durch den Kopierschutz wird die gesetzlich erlaubte Privatkopie verunmöglicht, genauso wie Kopien für den Ausbildungsrahmen. Auch für Bibliotheken, Museen und Archive ist das DRM eine Herausforderung, sie sind auf die Langlebigkeit der Daten angewiesen, was eine Sicherung auf unterschiedlichen Datenträgern erfordert, darum benötigen sie uneingeschränkte Kopiermöglichkeiten. Hinzu kommt, dass die DRM geschützten Dateien von einem Unternehmen abhängig sind, geht es Konkurs oder stellt es die Unterstützung des DRM ein, bleiben die Daten für alle unzugänglich. Neben der Kopierbarkeit ist auch der Datenschutz ein stark kritisierter Punkt des DRM. Durch die Speicherung von Personenbezogenen Daten, die bei der Produkte- und Inhaltsfreischaltung erhoben werden, können Benutzerprofile erstellt werden. Diese lassen sich mit personenbezogenem Marketing kommerziell ausnutzen, was gegen das bestehende Datenschutzrecht verstösst.

Erster kommerzieller Nutzer eines DRM-System war 2003 der iTunes Music Store von Apple. Doch die DRM-Systeme in der Musikindustrie scheiterten, auf Druck von den Verbrauchern musste iTunes den DRM Schutz 2009 bei Musiktiteln aufheben (Jüngling, 2009). Weit verbreitet ist der DRM-Schutz auf dem E-Book Markt, besonders die Adobe Digital Edition wird von vielen Anbietern verwendet, da er, neben anderen Vorteilen, die Gerätewahl nicht einschränkt. Doch auch die ADE muss sich Kritik gefallen lassen, er kürzlich hat sie einen Umstiegszwang auf die neue Version angekündigt. Was bedeutet, dass ältere E-Reader nicht mehr mit aktuellen E-Books bespielt werden können. Doch Adobe musste auf Grund des grossen Drucks einlenken und unterstützt auch weiterhin die ältere Version.

Creative Commons

Irgendwo zwischen Copyright und Public Domain stehen die Creative Commons, sie bieten Urhebern die Möglichkeit einer selbstbestimmten Weiterverwertung ihrer Werke. Unter dem Motto „Some rights reserved“ kann der Urheber selbst bestimmen unter welchen rechtlichen Bedingungen sein Werk genutzt werden darf. Auch Nutzer können davon profitieren, die Lizenzen sollen einfach verständlich sein und langwierige Abklärungen ersparen. Die Lizenzen eignen sich besonders für die Nutzung im Internet, sie sind weltweit gültig und in über 60 Sprachen erhältlich. Die Creative Commons sind eine gemeinnützige Organisation, deshalb sind die Lizenzen frei erhältlich. CC-Lizenzen möchten den Weg in eine Kultur des Teilens und der Weiterentwicklung ebnen.

Die Lizenzen funktionieren auf drei Ebenen, die unterste ist als Code für Suchmaschinen oder andere Software verständlich. Die zweite Ebene visualisiert die Lizenzen in Symbolen und ermöglicht eine Verständigung ohne Rechtskenntnisse. Die oberste Ebene bildet ein juristischer Lizenztext in über 60 Sprachen. Der Urheber kann sich seine Lizenz aus vier Bauteilen selbst zusammenstellen. Zusammen ergeben diese vier Symbole sechs Lizenzen, mit unterschiedlicher starker Restriktionen. Die Lizenzen sind auf beliebige Werke anwendbar, die unter das Urheberrecht fallen.

Ein Nutzer einer Creatice Commons Lizenz ist e-codices.ch der Universität Fribourg. Die virtuelle Handschriften Bibliothek der Schweiz hat das Ziel alle mittelalterlichen und eine Auswahl der frühneuzeitlichen Handschriften in einer virtuellen Bibliothek zu erschliessen. Sie stellt alle ihre Dokumente unter einer CC-BY-NC Lizenz, was bedeutet, das alle Dokumente verwendet werden dürfen, wenn eine Quellenangabe erfolgt und die Nutzung einen nicht kommerziellen Zweck verfolgt.

In der Kritik steht vor allem der sich erweiternde Dschungel an Gesetzten und Lizenzen. Die Creative Commons, die das Urheberrecht eigentlich vereinfachen wollen, verkomplizieren die Rechtslage vor allem für Laien zusätzlich. Michael Seemann findet es unverständlich, dass man „sechs weitere Urheberrechte“ bildet, „die sich auf das unverständliche Original noch oben draufflanschen“. Auch der Aspekt der NC (non commercial), der die Weiterverwendung von Werken nur für nicht kommerzielle Zwecke erlaubt, erhitzt die Gemüter. Auch in der neuen Version 4.0 wird nicht genau definiert was Kommerzielle Zwecke sind. Michael Seemann mein abschliessend, das grösste Problem der Creative Commons ist, dass sie „die Beschäftigung mit dem eigentlichen Problem: dem unzeitgemäßen Urheberrecht“ verhindern.

 

Wie ACTA zu den Akten gelegt wurde

Die Diskussionen um das Urheberrecht im Internet und entsprechende Verhandlungen zwischen der Schweiz und anderen Staaten wurden immer wieder geführt. Ein Vorstoss mit internationaler Dimension war dabei ACTA, Anti-Counterfeiting Trade Agreement, also ein Abkommen zur Abwehr von Fälschungen im Handel.

Die Inhalte dieses Abkommens betrafen aber nicht nur den Handel im Internet, sondern waren auf den gesamten Handel ausgerichtet. Der Schweizer Bundesrat beschloss 2012, das Abkommen nicht zu unterzeichnen, weil das ACTA-Abkommen in verschiedenen Ländern starke Kritik auslöste. „Der Bundesrat nimmt diese Befürchtungen ernst, denn sie betreffen grundlegende Freiheiten und wichtige Rechtsgüter.“ Kritische Stimmen warfen dem ACTA-Abkommen vor, dass damit für alle ratifizierenden Staaten ein Gesetz eingeführt werden solle, gegen welches sich die Bürger zur Wehr setzen würden, wenn es nur in ihrem Staat zur Debatte stünde. Weil die Schweiz kein Urheber des ACTA-Abkommens war, konnte sie ihren Bürgern auch keine Einsicht in die konkreten Gesetzestexte liefern, was sich wiederum nicht mit dem Schweizer Öffentlichkeitsgesetz vereinbaren lässt. Dennoch drangen einige Inhalte an die Öffentlichkeit. Die Befürchtungen zu ACTA umfassten mehrere Punkte – um dem Blogthema gerecht zu werden, sollen aber nur die Punkte aufgelistet werden, die das Urheberrecht im Internet betreffen:

Urheberrechte würden stärker gewichtet, als das Recht auf freie Meinungsäusserung und das Recht auf Privatsphäre. Auch bei der Nutzung von Social Media und Plattformen wie Youtube würde ACTA massives Eingreifen der Rechtsinhaber ermöglichen, wenn beispielsweise im Hintergrund eines Videos ein geschützes Lied laufen würde.

Für freie Software wären mit ACTA starke Hindernisse möglich, weil keine Software Urheberrechtsverletzungen ermöglichen darf – das ist sehr schwierig zu kontrollieren. Auch bewusst urheberrechtlich nicht geschützte Inhalte zu verbreiten wäre aufgrund der mangelnden Kontrolle schwer durchzuführen.

Internetprovider könnten verpflichtet werden, das Handeln ihrer Kunden auf Rechtmässigkeit zu überprüfen um nicht für deren Verfehlungen zur Verantwortung gezogen zu werden.

Bibliotheken und andere Institutionen mit freiem Internetzugang wären in ihren Angeboten auch stark eingeschränkt, weil sie auch die Möglichkeiten für Urheberrechtsverletzungen entweder vorbeugen müssten oder ansonsten dafür zur Verantwortung gezogen werden könnten.

Aus all diesen Gründen entschied sich der Bundesrat, das Abkommen nicht zu unterschreiben. Gemäss Zeitplan des Wipo-Sekretariates (Weltorganisation für geistiges Eigentum) solle aber 2014 über ein Abkommen für neue Schrankenregelungen beim Urheberrecht zugunsten von Bibliotheken und Archiven und 2015 über ein Abkommen im Bereich der Bildung und Forschung entschieden werden. Inwiefern darin sich diese mit den Empfehlungen des AGUR 12 Berichtes vereinbaren lassen, wird sich zeigen.

Der runde Tisch des SECO

Nahezu gleichzeitig mit der AGUR 12 Arbeitsgruppe nahm eine weitere interdisziplinäre Expertengruppe ihre Tätigkeit auf – der sogenannte „Runde Tisch“ des Schweizerischen Staatssekretariates für Wirtschaft SECO. Ohne dies der Öffentlichkeit mitzuteilen trafen sich während zwei Jahren Vertreter von Urheberrechtsinhabern, Repräsentanten des Bundes und der US-Botschaft. Anlass dazu war der Ärger der amerikanischen Rechtsinhaber über die Tatsache, dass der Download für den Privatgebrauch in der Schweiz auch dann legal ist, wenn die Daten ohne Genehmigung angeboten wurden. Nach dem Urteil im Fall Logistep gingen die kantonalen Strafverfolgungsbehörden sehr zurückhaltend illegalen Downloads nach, was besonders die grossen amerikanischen Film- und Musikverlage störte: Die Schweiz wurde 2012 sogar auf eine „Schwarze Liste“ von Staaten gesetzt welche nach Ansicht der USA das Urheberrecht im Internet zu wenig schützen würden, neben anderen Staaten wie Italien, China oder Russland. Der Bundesrat reagierte auf diesen Affront gelassen mit der Aussage, dass die Konsumenten das gesparte Geld für legale Unterhaltungsangebote ausgeben würden.

Als Folge dessen und angeblich auf Druck der US-Botschaft in Bern hatte das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO im März 2012 den bereits erwähnten runden Tisch einberufen: Ziel der Besprechungen war es, wie im Rahmen der geltenden Schweizer Gesetzgebung Urheberrechtsverletzungen im Internet ermittelt werden und gegebenfalss strafrechtlich verfolgt werden können. Hierbei musste besonders auf das sensible Schweizer Datenschutzgesetz geachtet werden.

Fast zwei Jahre nach Beginn der Arbeit wurde ein Bericht zu den bisherigen Arbeiten des runden Tischs vorgelegt: Vertreter des Bundes, der US-Botschaft, der Zürcher Staatsanwaltschaft, von Universal Music, Walt Disney und der Swiss Anti-Piracy Federation SAFE – die Internetnutzer waren am runden Tisch nicht vertreten – waren darin übereingekommen, weitere Arbeiten aufzuschieben, bis die Empfehlungen des AGUR 12 Berichtes konkret in Gesetzesänderungen übertragen wurden. Diese Ausage ist noch befremdlicher, wenn man bedenkt, dass mehrere Personen des „Runden Tisches“ auch Mitglieder der AGUR12 waren. Darin liegt eventuell auch begründet, dass im AGUR 12 Bericht die Interessen der Urheberrechtsvertreter denen der Konsumenten vorangestellt wurden. 

Beim Zürcher Obergericht liegt momentan immer noch eine Strafanzeige der SAFE gegen einen unbekannten Internetnutzer, der über ein Peer-To-Peer-Netzwerk urheberrechtlich geschützte Daten verfügbar gemacht haben soll. Wahrscheinlich wird dieser Fall an das Bundesgericht weitergezogen. Erst wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist, will der Runde Tisch seine Arbeit wieder aufnehmen. Auch die Amerikanischen Urheberrechtsvertreter und Politiker erwarten dies gespannt.

Das Urheberrecht im französischen Internet

Durch die weltweite Funktionsweise des Internets ist es schwierig, international gültige Gesetze zu entwerfen. Deshalb entscheidet jede Nation für sich, inwieweit sie Urheberrechte im Internet schützen wollen bzw. ihre Verletzung bestrafen.

Bereits im Jahr 2007 wurde bekannt, dass die französische Regierung plant, härter gegen Urheberrechtsverstösse vorzugehen. Ein neues Gesetz sollte verabschiedet und eine neue Behörde eingesetzt werden, die Urheber-rechtsverletzungen im Internet bekämpfen und Verstösse ahnden soll. Nachdem zuvor andere Gesetzesentwürfe erfolglos blieben, nahm die Behörde „Haute Autorité pour la diffusion des Oeuvres et la protection des droits sur Internet“, abgekürzt Hadopi genannt, zu Beginn des Jahres 2010 ihre Geschäfte auf. Die Provider waren nun verpflichtet, IP Adressen an Hadopi zu melden, von denen aus illegal angebotene Dateien heruntergeladen wurden. Der Inhaber der betroffenen IP Adresse sollte dann möglichst unbürokratisch behandelt werden: Beim ersten Verstoss gegen das Urheberrecht wurde von Hadopi eine Warn-Email versendet, beim zweiten Mal ein eingeschriebener Brief und beim dritten Verstoss wurde ein vereinfachtes Gerichtsverfahren eingeleitet: Der vermeintliche Raubkopierer konnte darin mit einer Geldbusse bis zu 1500 CHF und einer Internetsperre von bis zu 30 Tagen belegt werden.  Dieses Verfahren wurde nach einer Sportanalogie aus dem amerikanischen Baseball „Three Strikes“-Modell genannt.

Bereits im Oktober 2010 wurden 580’000 erste Warnungen und 35 000 Zweitwarnungen versandt. 22 Millionen Meldungen über Verstösse gegen das Urheberrecht gingen bei Hadopi insgesamt ein. 60 Internetnutzern drohte vorübergehende Kappung ihres Netzzugangs sowie eine Geldstrafe. Doch die Rechtslage war nicht eindeutig: Schliesslich konnte zwar die IP-Adresse ermittelt werden, was aber nicht zwingend die dazu registrierte Person als Täter auswies. In einer Wohngemeinschaft kommen zum Beispiel dazu alle Mitbewohner in Frage. Schlussendlich wurden nur drei Personen gerichtlich verurteilt: In einem Fall wurde eine Busse von 150 Euro verhängt, in einem wurde lediglich eine richterliche Verwarnung ausgesprochen und im dritten Fall wurde der mutmassliche Angeklagte freigesprochen. Hadopi selbst verwies zwar darauf, dass die Mehrheit der rund 1,2 Millionen angeschriebenen Nutzer auf weitere illegale Aktivitäten verzichten würde.

Aus In- und Ausland gab es starke Kritik an der Praxis der Behörde: Die französische Kulturministerin Aurélie Filippetti hielten dem „Erfolg“ erhebliche Kosten von rund 12 Millionen Euro für 60 Hadopi-Mitarbeiter entgegen. Eine speziell angelegte Studie der Universitäten Delaware und Rennes ergab, dass sich in Frankreich kaum jemand von den Piratenjägern der Behörde abschrecken liess. Die Politik der Internetsperren wurde schliesslich entschärft und stattdessen sollten nur noch Geldbussen eingesetzt werden. Die Aufsicht darüber soll einer anderen Behörde übertragen werden, der französischen Regulierungsbehörde für Fernsehen und Rundfunk Conseil supérieur de l’audiovisuel (CSA). Ob diese Behörde mehr Erfolg haben wird, muss die Zukunft zeigen.

AGUR12 „A new hope“ oder „The Empire strikes back“ Teil 2

Auf der Haben-Seite des AGUR12 Berichtes steht für den Konsumenten, dass der Download aus dem Internet in der Schweiz voraussichtlich legal bleiben soll, selbst wenn diese Daten eigentlich urheberrechtlich geschützt wären.

Die im ersten Blog zu diesem Thema bereits erwähnten vorgeschlagenen Massnahmen des AGUR12 Schlussberichts werden nicht nur von der Economie Suisse als unverhältnismässig bewertet: Auch der Präsident der „Digitalen Allmend“ Martin Steiger benutzt diesen Begriff und nennt sie sogar „repressiv“. Die bereits erwähnten „Netzsperren“ beispielsweise sind problematisch, weil sie die jetztige Rechtslage umdrehen würden: Momentan ist erlaubt, was nicht verboten ist – das würde sich mit den Empfehlungen aus dem AGUR 12 Bericht ändern. Ein weiteres Problem ist, dass man Server nur komplett sperren kann und damit auch dort rechtmässig gelagerte Daten nicht mehr zugänglich wären.

Verschiedene Vertreter der AGUR 12 zeigen sich ernüchtert über den Fortschritt der Arbeiten. Es stünden aber zahlreiche Lösungsansätze auf dem Tisch und deren Umsetzung werde geprüft. Konkrete Beispiel dieser Lösungsansätze fehlen aber. Eine Selbsregulierung der Internetprovider sei denkbar oder der Einsatz von Warnhinweisen zur Aufklärung auf moralisch fragwürdigen Seiten. Wie diese zuverlässig als solche erkannt werden können wird nicht beschrieben.

Bereits sind die Hosting-Provider dazu verpflichtet, illegale Inhalte aus dem Netz zu nehmen, sobald diese gemeldet werden. Das schützt aber nicht davor, dass Lieder, Filme, Spiele oder Texte aber kurz darauf wieder auf anderen Seiten anbieten. Nach einem Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs, an dem sich die AGUR 12 orientierte, müssten Provider dies «im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren» verhindern. Eine hundertprozentige Kontrolle des Web ist also nicht möglich, die Kontrolle einer kleinen Menge einschlägiger Link-Sammlungen hingegen schon. Weltweit gebe es wenige hundert Sites, die im grossen Stil illegale Inhalte anböten. Würden diese Seiten in der Schweiz blockiert, könnte der Grossteil des Problems des illegalen Downloads behoben werden, indem die Konsumenten klar informiert würden, könnte das Problem auf ein Minimum reduziert werden.

Die Arbeitsgruppe hat sich also erst auf Grundsätze geeinigt: Man ist sich einig, dass illegale Angebote im Internet bestehen und bekämpft werden sollen. Bei der Art der Bekämpfung gehen die Ansichten der verschiedenen Interessenvertreter jedoch weit auseinander. So ist zum Beispiel umstritten, ob das Herunterladen von einer illegalen Quelle zulässig bleiben soll. Neben Aufklärung und Bekämpfung im illegalen Bereich wünscht sich die Arbeitsgruppe eine Verbesserung der legalen Angebote: Würden die Konsumenten die legalen Angebote besser kennen und wären diese attraktiver gestaltet, würden die illegalen Varianten viel weniger benutzt. Spotify und Teleboy seien gute Beispiele dafür, wo ein Konsument gegen eine kleine Gebühr legal Inhalte streamen darf. Erfolgreiche Produktionen wie beispielsweise die Fernsehserie „Game Of Thrones“ werde gezwungenermassen illegal angeschaut, weil die amerikanischen Produzenten die sogenannte Kaskadenverwertung bevorzugen: Anstatt ihre Produkte weltweit gleichzeitig anzubieten, wird die Serie zuerst im kostenpflichtigen Amerikanischen Fernsehen gezeigt, danach im öffentlichen Fernsehen und im Internet mit Werbeschaltung und zuletzt auf DVD. In der Schweiz kann dann dieser dann Vorgang wiederholt werden. So können die Produzenten den höchstmöglichen Gewinn mit ihren Produkten erzielen. Es erstaune deshalb nicht, dass der Konsument „Umgehungsalternativen“ suche, sagt Michel Rudin, der Geschäftsführer des Konsumentenforums.

Die Berichterstattung in den Medien erweckte oft den Anschein, als ob bereits die Empfehlungen aus dem AGUR12 Abschlussbericht rechtskräftig wären. Dem ist aber nicht so – der Bundesrat hat das Parlament lediglich aufgefordert, eine Vernehmungsgrundlage zu entwerfen: Es bleibt spannend, in wie fern die Empfehlungen aus dem AGUR12 Bericht darin eingesetzt werden. Auf jeden Fall kann der Bericht als Grundlage für parlamentarische Vorstösse dienen.

Der Inhalt der noch ausstehenden Vernehmungsgrundlage wird zeigen, ob die Befürchtungen der Kritiker gerechtfertigt waren. Schlussendlich kann aber das Schweizer Volk das Referendum ergreifen, denn Änderungen am Schweizer Urheberrecht beinhalten wie bei allen Gesetzen diese Möglichkeit.

 

AGUR12: „A New Hope“ oder „The Empire Strikes back“? Teil 1

Erst kürzlich hat sich der Bundesrat mit den Empfehlungen der AGUR12 befasst und das EJPD beauftragt, bis Ende 2015 eine Vernehmlassungsvorlage vorzulegen. Diese wird zeigen, ob die vielen Hoffnungen auf eine Modernisierung des Schweizerischen Urheberrechtsgesetzes erfüllt werden, z.b. ob die mächtigen Rechteinhaber ihre Anliegen auf stärkere Verfolgung der Internetpiraten durchsetzen können. Im Folgenden sollen hier noch einmal wichtige aber auch umstrittene Ergebnisse aus dem AGUR12 Schlussbericht aufgelistet werden.

Die AGUR12 empfiehlt, dass Access-Provider  „auf behördliche Anweisung hin in schwerwiegenden Fällen den Zugang zu Webportalen mit offensichtlich illegalen Quellen über IP- und DNS-Blocking sperren“ sollen. Die Netzsperren würden aufgrund von Hinweisen der Rechteinhaber, die beispielsweise durch Programme wie das der Firma Logistep erfolgen – gemäss AGUR12 „zur Schadensbegrenzung“ –, und die Access-Provider wären von den Rechteinhabern „angemessen [zu] entschädigen“. Dieser Vorschlag steht den Bedürfnissen der Konsumenten diametral entgegen und die bisherige Unschuldsvermutung, die fest im Schweizer Rechtssystem verankert ist, könnte verwässert werden. Lediglich mit Warnungen vor eventuellen Urheberrechtsverletzungen werden Interessen der Konsumenten berücksichtigt.

Die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe liest sich vielversprechend und scheint ausgeglichen: „Die Arbeitsgruppe setzt sich aus sechs Vertreterinnen und Vertretern der Kulturschaffenden, drei Produzentenvertreter, drei Nutzervertreter, drei Konsumentenvertreter sowie drei Vertreter der Verwaltung zusammen. Suisseculture wurde eingeladen, die sechs Vertreterinnen und Vertreter der Kulturschaffenden zu delegieren. Von Seiten Literatur sind Johanna Lier (auch Präsidentin Suisseculture) und Nicole Pfister Fetz Mitglied in der Arbeitsgruppe. Die Literatur ist somit gut vertreten. Auf Produzentenseite sitzt Dani Landolf, Geschäftsführer des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbandes SBVV, sowie Urs F. Meyer, Geschäftsführer Schweizer Medien, in der Arbeitsgruppe. Als Unterstützung arbeiten sechs Stellvertreter/-innen der AG-Mitglieder sowie noch einige zusätzliche Fachpersonen in einer Begleitgruppe mit. Hier wird ProLitteris von Werner Stauffacher vertreten. Begleitend dazu steht der Verband der Schweizer Autoren auch noch im Dialog mit Suisseculture, Pro- Litteris und der Allianz gegen Internet-Piraterie.

Dennoch scheint es so, als ob die Rechteinhaber ihre Positionen stärker gewichten konnten. Der Präsident der „Digitalen Allmend„, die sich für den öffentlichen Zugang zu digitalen Gütern und deren Weiterentwicklung zu sichern und somit für eine offene (Wissens-)Gesellschaft einsetzt, bemängelt, dass „moderaten Stimmen  und solche die sich ernsthaft mit den neuen Möglichkeiten und Herausforderungen der digitalen Gesellschaft auseinander setzen“ in der Arbeitsgruppe überhaupt nicht vertreten waren.

Ebenso zeigt sich die Economie Suisse mit dem Schlussbericht der AGUR12 unzufrieden: Sie sehen die für die Schweizer Wirtschaft wesentlichen Punkte im Bericht „nur am Rande behandelt“ und fürchten, dass die Vorschläge im Bericht zur Legitimierung von „unverhältnismässigen“ Massnahmen verwendet werden.

Die Diskussion wird im zweiten Blog zum selben Thema fortgesetzt.

 

AGUR12 und die Logistep AG

In einem vorherigen Blogeintrag wurde die Arbeitsgruppe zur Optimierung der kollektiven Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, AGUR12, kurz erwähnt. Im Folgenden sollen die Folgen und Hintergründe des Berichtes der immerhin schon fast zwei Jahre zurückliegt genauer betrachtet werden. Die Brisanz um die mangelnde Aktualität des Schweizerischen Urheberrechtes führte der Fall Logistep vor Augen:

Das im Kanton Zug ansässige Unternehmen Logistep AG entwickelte ein Programm, mit dem IP-Adressen von Rechnern ermittelt werden können, von welchen  illegal angebotene Daten aus dem Internet heruntergeladen wurden. Nach aktuellem Urheberrechtsgesetz ist diese Handlung in der Schweiz legal, solange verschiedene Vorgaben erfüllt sind, z.b. das unrechtmässig angebotene Material nicht weitergereicht wird. Mit dem Verfahren der Logistep AG wäre es möglich, die Eigentümer der Rechner zu ermitteln und diese Delinquenten den Rechteinhabern zu melden: Diese können dann auf Schadenersatz klagen. Der eidgenössische Beauftragte für Datenschutz- und Öffentlichkeit sah in diesem Verfahren aber ebenso einen ahndenswerten Tatbestand: Nämlich die Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Er sah auch im Besitzer der IP-Adresse nicht zwingend den Internet-Piraten: Schliesslich lässt sich nicht kontrollieren, wer einen Computer benutze. Auf Bundesgerichtsebene wurde aber schliesslich entschieden, dass die Verletzungen des Urheberrechts schwerer wiegen würden, als die Persönlichkeitsrechte der Internetpiraten. Dieser Fall zeigt anschaulich, dass das momentan gültige Urheberrecht in der Schweiz nicht mehr zeitgemäss ist und einer Überarbeitung bedarf. Dazu setzte Bundesrätin Sommaruga die schon genannte Arbeitsgruppe ein. Deren Schlussbericht scheint die Interessen der Kulturschaffenden und Verlage, also der Urheberrechteinhaber über die der Konsumenten zu stellen. Die Arbeitsgruppe umfasste zwar Repräsanten aller Anspruchsgruppen, somit auch die der Konsumenten: Der selbsternannte „Konsens“ scheint aber einseitig und die Änderungsvorschläge werden von manch einem als „repressiv“  empfunden. Im folgenden Blogeintrag sollen verschiedene Punkte des AGUR12 Berichtes besprochen werden.

 

 

 

Geschützt sei… das Werk!

„Werke sind, unabhängig von ihrem Wert oder Zweck, geistige Schöpfungen der Literatur und Kunst, die individuellen Charakter haben.“ URG Art.2 Abs.1

Dazu gehören Literatur, Musik, Bilder, Skulpturen, Filme, Opern, Ballette und Pantomimen und auch Computerprogramme. Entwürfe, Titel und Teile von Werken werden ebenfalls geschützt, sofern es sich um geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter handelt. Der ästhetische Wert und die Bedeutung des Werkes werden in der Rechtsprechung weder beurteilt noch berücksichtigt (BGE 106 II 71 E. 2a).

Zentral sind also die Punkte geistige Schöpfung und individueller Charakter. Das Werk muss dem eigenen Geist entsprungen sein, vom Computer durch Zufallsprinzip generierte Musik, ist also nicht geschützt. Das Programm, das die Musik generiert hingegen schon, da es vom Programmierer durch eine geistige Schöpfung entwickelt wurde.

Dass ein Werk einen individuellen Charakter benötigt, um auch urheberrechtlich geschützt zu sein, gibt immer wieder Anlass zu Diskussionen besonders im Bereich der Fotografie. Fotografieren ist ein rein mechanischer Vorgang, der vom Fotograf ausgelöst wird, es kann bewusst über die Wahl des Ausschnitts, dem Blickwinkel und der eingesetzten Technik erfolgen, oder unbewusst in Form eines Schnappschusses. (Schütz, S.368) Ob das Werk Urheberrechtlich geschützt wird entscheidet der individuelle Charakter der Aufnahme. Ein Streitfall um eine Pressefotographie, die mit dem Entzug des Urheberechtsschutzes endete, begründet das Gericht so:

„Die Klägerin hat den an sich bestehenden Gestaltungsspielraum beim Fotografieren von Christoph Meili weder in fototechnischer noch in konzeptioneller Hinsicht ausgenutzt, sondern die Fotografie so gestaltet, dass sie sich vom allgemein Üblichen nicht abhebt. Es fehlt ihr deshalb der individuelle Charakter im Sinne von Art. 2 URG.“ BGE 130 III 714

Dieser Fall, und weitere ähnliche Fälle lösten in den Verbänden der Berufsfotografen eine Rechtsunsicherheit aus. Fotografien, die keine besondere Individualität aufweisen sind demzufolge nicht Urheberrechtlich geschützt, sie stehen jedermann gratis zur Verfügung und dürfen in jedem Kontext frei genutzt werden. Für die Berufsfotografen ist dies ein untragbarer Zustand, sie fordern deshalb im Rahmen des AGUR12 die Einführung eines Lichtbildschutzes wie es auch Deutschland und Österreich kennen. Dies beinhaltet die gesetzliche Verankerung der Unterscheidung zwischen Lichtbildwerk und Lichtbild. Ein Lichtbildwerk mit individuellem Charakter wird dem heute gängigen Urheberrecht unterstellt und über 70 Jahre über den Tot hinaus geschützt. Lichtbilder ohne individuellen Charakter würden neu eine Schutz unterstellt, der 50 Jahre seit der Aufnahme oder der ersten Veröffentlichung anhält.

Reines Handwerk wird also mangels individuellem Charakter zurzeit nicht geschützt. Nicht geschützt sind auch Ideen, Konzepte und Methoden, dies bedeutet, dass Einsteins Zeitschriftenartikel „die Grundlagen der allgemeinen Relativitätstheorie“ zwar Urheberrechtlich geschützt ist die Relativitätstheorie aber frei verwendet werden kann. Auch Geschäftsideen sind nicht urheberrechtlich geschützt, die Monopolisierung die durch den Schutz entstände, würde den freien Wettbewerb verhindern. (Urheberrecht und verwandte Schutzrechte) Gesetze, Entscheide und Protokolle von Behörden müssen ungehindert verbreitet werden können, darum unterliegen auch sie keinem Schutz (URG Art.5 Abs.1).